Die Penrose-Escher-Treppe - ein scheinbares, geometrisches "Perpetuum Mobile"
Die Dinge sind nicht so wie sie scheinen. Und manchmal führt dies zu Einordnungsproblemen, weil die antizipierte Gestalt der Dinge mit dem eigenen Wirklichkeitsmodell kollidiert. Auf sehr beindruckende Weise hat dies M.C. Escher, angeregt von den Arbeiten des theoretischen Physikers Roger Penrose, in einigen seiner Grafiken demonstriert. Nehmen wir das bekannte Bild „Trepp auf, Trepp ab“
Einfaches Modell der Escher-Penrose-Treppe
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Eine vereinfachte Darstellung der Escher-Penrose-Treppe sieht man auf obigem Bild: Vier quaderförmige Stufen bilden eine geschlossene Treppe, augenscheinlich „irgendwie“ rechtwinklig. Verfolgt man die Treppenstufen in einer Umlaufrichtung, scheinen diese immer anzusteigen bzw. in der Gegenrichtung immer abzufallen. Eine gedachte Kugel würde auf dieser Treppe immer die Treppe hinunterrollen, schneller werden .. eine unerschöpfliche Energiequelle, ein „Perpetuum Mobile“. Das kann aber nicht sein. Also was ist hier los?
1. Projektion bedeutet Informationsverlust
Zunächst ist zu betonen, dass der visuelle Eindruck dieser Zeichnung dem eines möglichen, real existierenden Objektes entspricht. Man kann tatsächlich so etwas bauen, ein Foto machen und es sieht genauso aus wie auf der Zeichnung. Der springende Punkt eines Fotos, einer Zeichnung bzw. jeglicher zwei dimensionalen Abbildung der dreidimensionalen Welt ist, dass notwendigerweise dabei Information über die tatsächliche Gestalt der Objekte verloren geht. Eine unendliche Zahl von realen Objekten kann zu dem gleichen optischen Eindruck auf einer zwei dimensionalen Abbildung führen. Nehmen wir als einfaches Beispiel die Abbildung eines Würfels. Durch ein Foto kann nichts über die tatsächliche Größe dieses Würfels ausgesagt werden. Ein großer Würfel weit weg führt zum gleichen Bild wie ein kleiner Würfel näher bei der Kamera. D.h. eine unendliche Anzahl von realen Würfeln verschiedener Größe führt zu dem gleichen Foto.
2. Erfahrungsbasierte Interpretation von visuellen Eindrücken
Des Weiteren benutzen wir zur Einordnung von Bildern vorgefertigte Interpretationsmuster. Schauen Sie sich folgendes Bild an, eine Visualisierung von vier Quadern in einem Computermodell und offensichtlich die Darstellung einer aufsteigenden Treppe.
Scheinbar ansteigender, lineare Treppe mit quaderförmigen Stufen
Sieht man auf einer Abbildung zwei Quader, die (in der Projektion) eine Kante gemeinsam haben, wird diese Wahrnehmung (meist) so interpretiert, dass die Kante auch in der dreidimensionalen Welt übereinstimmt, d.h. die Quader direkt aneinander stoßen. Damit ist direkt aber auch die Vorstellung verbunden, dass vom Wechsel von einem zum Quader ein Höhenunterschied zu überwinden ist.
Andere Sicht auf die gleiche, scheinbare Treppenanordnung mit leicht versetzten Kamerapositionen
Schaut man auf die obige Anordnung aber aus einem leicht veränderten Blickwinkeln wird ersichtlich, dass die Quader versetzt und alle auf der Grundfläche liegen. Sie schließen weder aneinander an, noch wird ein Höhenunterschied von einem zum nächsten Quader überwunden. Das zugrunde liegende Objekt-Modell ist also keine Treppe sondern erweckt nur aus einer bestimmten Betrachtungsposition diesen Anschein.
Konstruktion der Penrose-Escher-Treppe
Aus obigem ergeben sich damit folgende Anforderungen an die Konstruktion der Escher-Penrose-Treppe: Erzeuge eine scheinbar geschlossene, umlaufende Anordnung von Quadern, wobei die Kanten benachbarter Quader sich in der Projektion aneinander anschließen und dadurch den Eindruck von Stufen vermitteln.
Und wie sieht nun konkret ein Konstruktionsverfahren aus, dass die „tatsächlichen“ Quader geeignet positioniert, um die entsprechenden Kantenüberlappungen bei der Projektion zu realisieren?
Konstruktion der Escher-Penrose-Treppe
Auf einer Grundfläche (Deckfläche eines Turms) sind vier Quader bzw. deren Kanten (blau, rot, grün, violett) konstruiert. Dazu werden auf den Kanten der Grundfläche vier Punkte k_1, k_2, k_3 und k_4 im gleichen Abstand w_S von den Ecken gewählt. Jeder Quader ist durch einen „Eckpunkt“ k_n und den gegenüberliegenden „Eckpunkt“ k_(n+1) definiert. An jedem der vier Eckpunkte wird die Quaderhöhe h eingezeichnet und dann mittels der Regeln der projektiven Geometrie die Kanten des jeweiligen Quaders gezeichnet. Man beachte, dass trotz der Tatsache, das sich alle Quader auf der gleichen Höhe befinden, der Eindruck einer ansteigenden bzw. abfallenden Stufe beim Übergang von einem zum anderen Quader entsteht. Im Wesentlichen entsteht dieser Eindruck dadurch, dass der Endpunkt des Quaders n auf der Höhe h über der Grundfläche, mit dem Anfangspunkts des Quaders (n+1) auf der Höhe 0, in der Projektion, d.h. in der Zeichnung übereinstimmen. Wichtig zu betonen ist, dass dieses Konstruktionsbild maßgeblich von der gewählten Position der gedachten Kamera abhängt und sich bei neuer Kameraposition ändert.
Man beachte: Obiges Konstruktionsschema führt zu Quadern unterschiedlicher Länge und Breite. Für die unten gezeigte Simulation wurde das Konstruktionsverfahren derart modifiziert, dass die vier Quader zwar unterschiedliche Länge, aber die gleiche Breite haben. Können Sie die Konstruktion entsprechend verändern?